Sonderausgabe LFA Covid-19 : Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer | 20.März 2020

Angesichts der Verbreitung des Coronavirus (Covid-19) stellen sich viele Unternehmen die Frage, welche Maßnahmen sie unter Beachtung der Sicherheitsmaßnahmen der französischen Regierung ergreifen können, um den Folgen eines Rückgangs oder einer Einstellung der Geschäftstätigkeit zu begegnen und/oder um die Kontinuität ihrer Geschäftstätigkeit zu gewährleisten.

Dieses Dokument enthält Antworten auf die Fragen, die uns von unseren Mandaten gestellt wurden, sowie unsere Antworten, die Ihnen gegebenenfalls ebenfalls weiterhelfen können.

Wir möchten Sie darauf hinweisen, dass die unten stehenden Antworten lediglich Ihrer Information dienen und unverbindlich sind. Es handelt sich um keine rechtliche Beratung, für die GGV Avocats – Rechtsanwälte haftet.

Wir werden die Informationen regelmäßig entsprechend den Ankündigungen der Regierung, sowie der Veröffentlichung von einschlägigen Gesetzen und Erlässen aktualisieren.

News Frankreich

  1. Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer - Einleitung
  2. Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer - Wie muss der Arbeitgeber die Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer im Kontakt mit der Öffentlichkeit schützen?
  3. Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer - Warum muss der Arbeitgeber die Dokumentation über die Gefährdungsbeurteilung aktualisieren?
  4. Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer - Muss der Arbeitgeber persönliche Schutzausrüstung oder spezifische Artikel und Arbeitsmittel für die Arbeitnehmer bereitstellen?
  5. Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer - Was ist das Recht auf Einstellung der Arbeit („droit de retrait“)? Können sich Arbeitnehmer in der aktuellen Situation auf dieses Rechts berufen?

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Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer - Einleitung

Der Arbeitgeber ist zur Prävention von Berufsrisiken verpflichtet. Zu diesem Zweck muss er alle notwendigen Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer ergreifen. Hierzu gehören, Maßnahmen zur Risikovermeidung, Information und Schulung der Arbeitnehmer und die Einführung einer angemessenen Organisation und angemessener Mittel (Artikel L. 4121-1 und L. 4121-2 des Arbeitsgesetzbuches).

Verwirklicht sich ein Risiko oder im Falle der Ansteckung eines Arbeitnehmers haftet der Arbeitgeber, es sei denn, er kann beweisen, dass er gemäß den Bestimmungen des Arbeitsgesetzbuches alle notwendigen Maßnahmen zur Vermeidung der Ansteckung seines Personals ergriffen hat.

Arbeitgebern wird diesbezüglich empfohlen, sich regelmäßig über die Hinweise des Arbeitsministeriums zu informieren. Diese sind insbesondere in den Fragen/Antworten für Arbeitgeber und Arbeitnehmer enthalten (https://travail-emploi.gouv.fr/actualites/l-actualite-du-ministere/article/coronavirus-questions-reponses-pour-les-entreprises-et-les-salaries).

Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer - Wie muss der Arbeitgeber die Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer im Kontakt mit der Öffentlichkeit schützen?

Diese Thematik betrifft Arbeitnehmer, die in Räumen, die während der Ausgangssperre geöffnet bleiben, tätig sind. Es handelt sich um Räume von Unternehmen, deren Geschäftstätigkeit unverzichtbar ist, wie z.B. Verkehrs-, Energie-, Lebensmittelverteilungs-, Logistik-, Produktions- und landwirtschaftliche Kooperationsunternehmen. Diese Thematik betrifft auch das Personal im Pflege- und Gesundheitsbereich.

Es werden in diesem Zusammenhang zwei Situationen unterschieden:

  • Im Falle eines kurzen Kontakts, ermöglichen es sogenannte „Barriere-Maßnahmen“, die Gesundheit der Beschäftigten und ihrer Familien zu schützen:
    • Beachtung der üblichen Hygienemaßnahmen, insbesondere regelmäßiges Händewaschen mit Seife oder Desinfektion mit einer hydro-alkoholischen Lösung, wenn es in der Nähe keine Wasserstelle gibt;
    • Kontrolle der Temperatur zweimal am Tag;
    • Wachsamkeit bezüglich von Symptomen einer Atemwegsinfektion (Fieber, Husten, Atembeschwerden);
    • Ergreifen von soziale Distanzierungsmaßnahmen im Alltag, d.h. Grüßen ohne Kontakt und Vermeiden körperlicher Nähe mit andern Menschen (Treffen, Veranstaltungen mit Kindern…);
    • Vermeiden von Kontakt mit Personen, die einer Risikogruppe angehören (Schwangere, alte Menschen, Behinderte usw.);
    • Vermeiden von unnötigen Ausgängen (Kino, Restaurant usw.);
    • bei Anzeichen einer Atemwegsinfektion innerhalb von 14 Tagen nach der Rückkehr aus Risikogebieten die Telefonnummer 15 anrufen;
  • Bei längerem oder engem Kontakt verlangt das Arbeitsministerium von den Arbeitgebern, die „einfachen“ Barriere-Maßnahmen durch besondere Maßnahmen zu ergänzen, wie die Schaffung von Abständen von einem Meter, die Reinigung der Oberflächen mit einem geeigneten Produkt und das Waschen der Hände.

Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer - Warum muss der Arbeitgeber die Dokumentation über die Gefährdungsbeurteilung aktualisieren?

Der Arbeitgeber muss die Dokumentation über die Gefährdungsbeurteilung aus den folgenden Gründen aktualisieren:

  • zur Bewertung und Reduzierung des Risikos einer Ansteckung am Arbeitsplatz oder anlässlich der Arbeit,
  • zur Ergreifung von Maßnahmen wie Präventions-, Informations- und Schulungsmaßnahmen sowie zur Bereitstellung geeigneter Mittel,
  • zur Berücksichtigung von Risiken, die mit den Arbeitsbedingungen verbunden sind, die angesichts der Coronavirus-Krise geschaffen wurden: Umgestaltung von Räumlichkeiten, neue Arbeitsorganisation, Zuweisung eines neuen Arbeitsplatzes, Telearbeit (siehe Telearbeit Frage 6), etc.

Der Betriebsrat („Comité Social et Economique“) muss in diesen Aktualisierungsprozess einbezogen werden.

Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer - Muss der Arbeitgeber persönliche Schutzausrüstung oder spezifische Artikel und Arbeitsmittel für die Arbeitnehmer bereitstellen?

Für den Fall, dass einer der Arbeitnehmer angesteckt wurde, müssen besondere Ausrüstungen und Mittel zur Verfügung gestellt werden, da die Übertragung des Virus durch “engen Kontakt” erfolgt, z.B. durch den Ausstoß infektiöser Tröpfchen beim Niesen oder Husten, die in die Atemwege gelangen.

Da der Virus wahrscheinlich bis zu drei Stunden auf trockenem Oberflächen überleben kann, weist das Arbeitsministerium darauf hin, dass im Falle einer Ansteckung folgende Maßnahmen ergriffen werden müssen:

  • Ausstattung von Personen, die Böden und Oberflächen reinigen, mit einem Einwegkittel und Haushaltshandschuhen (eine Atemschutzmaske ist nicht erforderlich, da keine Aerosolisierung durch Böden und Oberflächen stattfindet). Es muss darauf geachtet werden, dass die Haushaltshandschuhe regelmäßig gewechselt werden;
  • Bodenreinigung und –pflege, vorzugsweise als Nassreinigung mit Desinfektion, wie folgt:
    • Böden und Oberflächen werden mit einem mit Reinigungsmittel imprägnierten Einweg-Wischmopp gereinigt;
    • Böden und Oberflächen werden anschließend mit Wasser aus der Trinkwasserversorgung unter Verwendung eines anderen Einweg-Wischmopps nochmals nass gereinigt;
    • eine ausreichende Trocknungszeit dieser Böden und Oberflächen muss beachtet werden;
    • Böden und Oberflächen werden unter Verwendung eines weiteren (also einem anderen als den oben genannten) Einweg-Wischmops mit einem verdünnten Bleichmittel desinfiziert.
  • Entsorgung des von der angesteckten Person erzeugten Abfalls auf dem üblichen Entsorgungsweg.

Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer - Was ist das Recht auf Einstellung der Arbeit („droit de retrait“)? Können sich Arbeitnehmer in der aktuellen Situation auf dieses Rechts berufen?

Das Recht auf die Einstellung der Arbeit erlaubt es einem Arbeitnehmer, die Wahrnehmung seiner Aufgaben auszusetzen oder zu verweigern, wenn er einen vernünftigen Grund zu der Annahme hat, dass die Situation eine ernste und unmittelbare Gefahr für sein Leben oder seine Gesundheit darstellt, oder wenn er feststellt, dass die Schutzeinrichtungen mangelhaft sind. Um dieses Recht auszuüben, muss der Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber zuvor vor der von ihm beobachteten Situation oder den festgestellten Mangel gewarnt haben (Artikel L. 4131-1 des Arbeitsgesetzes).

Derzeit beziehen sich die Hinweise des Arbeitsministeriums hinsichtlich des Rechts auf Einstellung der Arbeit nur Unternehmen, die ihre Tätigkeit fortsetzen konnten oder mussten und deren Arbeitnehmer ihre Tätigkeit nicht in Telearbeit verrichten können.

Nach Angaben des Arbeitsministeriums und unter der Voraussetzung, dass die von der Regierung empfohlenen Präventions- und Schutzmaßnahmen ergriffen wurden, bestehen nur wenige Umstände, die ein Warnverfahren Verfahrens und die Ausübung des Rechts auf Einstellung der Arbeit rechtfertigen können.

Das Arbeitsministerium hat zudem präzisiert, dass das Recht auf Einstellung der Arbeit nur in einer besonderen Arbeitssituation und nicht in einer allgemeinen Pandemie-Situation in Frage kommt.

Deshalb reichen nach Ansicht des Arbeitsministeriums die folgenden Umstände nicht aus, um eine ernsthafte und unmittelbare Gefahr zu begründen:

  • die Tatsache, dass ein Kollege in einem Gebiet mit aktiver Viruszirkulation wohnt oder aus einem solchen Gebiet zurückkehrt,
  • die Tatsache, dass ein Kollege infiziert wurde,
  • die Tatsache, dass ein Arbeitnehmer einen Arbeitsplatz hat, bei dem er in Kontakt mit der Öffentlichkeit ist, unabhängig davon, ob der Kontakt kurz oder lang andauernd und eng ist.

Beabsichtigt der Arbeitgeber jedoch, einen Arbeitnehmer in ein Risikogebiet zu senden, kann der Arbeitnehmer von seinem Recht auf Einstellung der Arbeit Gebrauch machen, jedoch nur, wenn es nicht zwingend notwendig ist, sich in ein solches Gebiet zu begeben.

Vorsicht: das Arbeitsministerium weist darauf hin, dass das Vorliegen von Umständen, die die Ausübung des Rechts auf Einstellung der Arbeit rechtfertigen, der Prüfung durch die Gerichte unterliegt. Bei der Prüfung könnte insbesondere die Tatsache berücksichtigt werden, dass der Gesundheitszustand bestimmter Arbeitnehmer das Risiko einer Ansteckung durch Covid-19 erhöht.