Sonderausgabe LFA Covid-19 : Telearbeit von Arbeitnehmern | 7.April 2020

Angesichts der Verbreitung des Coronavirus (Covid-19) stellen sich viele Unternehmen die Frage, welche Maßnahmen sie unter Beachtung der Sicherheitsmaßnahmen der französischen Regierung ergreifen können, um den Folgen eines Rückgangs oder einer Einstellung der Geschäftstätigkeit zu begegnen und/oder um die Kontinuität ihrer Geschäftstätigkeit zu gewährleisten.

Dieses Dokument enthält Antworten auf die Fragen, die uns von unseren Mandaten gestellt wurden, sowie unsere Antworten, die Ihnen gegebenenfalls ebenfalls weiterhelfen können.

Wir möchten Sie darauf hinweisen, dass die unten stehenden Antworten lediglich Ihrer Information dienen und unverbindlich sind. Es handelt sich um keine rechtliche Beratung, für die GGV Avocats – Rechtsanwälte haftet.

Wir werden die Informationen regelmäßig entsprechend den Ankündigungen der Regierung, sowie der Veröffentlichung von einschlägigen Gesetzen und Erlässen aktualisieren.

News Frankreich

  1. Einleitung
  2. Welche Lösungen können ins Auge gefasst werden, um den Schwierigkeiten zu begegnen, denen ein Arbeitnehmer begegnet, der zwar weiterhin Telearbeit leistet, aber gleichzeitig sein(e) Kind(er) unter 16 Jahren betreuen muss?
  3. Besteht Versicherungsschutz für Arbeitnehmer in Telearbeit?
  4. Wie werden die Kosten der Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Telearbeit erstattet?
  5. Haben Arbeitnehmer in Telearbeit Anspruch auf Restauranttickets („titres-restaurant“)?
  6. Wie werden die Kosten für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsplatz getragen werden?
  7. Wie lassen sich die beruflichen und psychosozialen Risiken, die mit der Erbringung der üblichen Arbeitsleistung des Mitarbeiters bei der Telearbeit verbunden sind, erkennen und ihnen vorbeugen?

News Frankreich

Einleitung

Unter dem Begriff Telearbeit versteht man jene Arbeitsformen, bei denen Arbeitnehmer auf freiwilliger Basis ihre Tätigkeit, die auch in den Räumen des Arbeitgebers erledigt werden kann, ganz oder teilweise außerhalb der Räumlichkeiten des Arbeitgebers unter Verwendung von Informations- und Kommunikationstechnologien verrichten (Artikel L. 1222-9 des Arbeitsgesetzbuches).

Telearbeit ist nur für bestimmte Arten von Tätigkeiten möglich. Beispielsweise können ein Verkäufer oder Kellner ihre Tätigkeit nicht per Telearbeit verrichten.

Darüber hinaus ist Telearbeit normalerweise auf freiwilliger Basis und kann dem Arbeitnehmer nicht aufgezwungen werden.

In Ausnahmefällen, insbesondere im Falle einer drohenden Epidemie, sieht Artikel L. 1222-11 des Arbeitsgesetzbuches vor, dass die Einführung der Telearbeit als notwendige Anpassung des Arbeitsplatzes betrachtet werden kann, um die Kontinuität der Geschäftstätigkeit zu ermöglichen und den Schutz der Arbeitnehmer zu gewährleisten.

So hat das Arbeitsministerium, soweit möglich und bis auf weiteres, den Einsatz von Telearbeit vorgeschrieben (Pressemitteilung des Arbeitsministeriums vom 16. März 2020 https://travail-emploi.gouv.fr/actualites/presse/communiques-de-presse/article/coronavirus-covid-19-et-monde-du-travail).

Allgemeine Hinweise für das reibungslose Funktionieren der Telearbeit

  • Arbeitnehmer, die in Telearbeit sind, haben ein Recht auf „Abschalten“, insbesondere Arbeitnehmer mit einer Jahresarbeitszeit in Tagen. In dieser Hinsicht ist es ratsam, mit dem Arbeitnehmer die Zeitfenster festzulegen, in denen er erreichbar ist, ihn daran zu erinnern, beim Versand von E-Mails nicht systematisch alle Kollegen in Kopie zu setzen, wenn dies nicht unbedingt notwendig ist, und ein Warn- und Meldesystem einzurichten, um eine Isolierung des Mitarbeiters zu vermeiden. Es kann auch nützlich sein, den Rat des Arbeitsarztes einzuholen.
  • Um tägliche und wöchentliche Mindestruhezeiten zu garantieren und sicherzustellen, dass die Arbeitszeiten des betreffenden Arbeitnehmers eingehalten werden, kann die Verwendung einer Software zur Kontrolle der Selbsterklärung in Betracht gezogen werden.
  • Schließlich muss der Arbeitgeber die erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um den Schutz jener Daten zu gewährleisten, die vom Arbeitnehmer für berufliche Zwecke verarbeitet und verwendet werden. Hierfür müssen die Arbeitnehmer an die Sicherheitsanweisungen erinnert werden, und der Arbeitgeber muss gewährleisten, dass die Vertraulichkeit und die Privatsphäre gewahrt werden, verwenden die Arbeitnehmer eigenes Equipment.

Welche Lösungen können ins Auge gefasst werden, um den Schwierigkeiten zu begegnen, denen ein Arbeitnehmer begegnet, der zwar weiterhin Telearbeit leistet, aber gleichzeitig sein(e) Kind(er) unter 16 Jahren betreuen muss?

Für Arbeitnehmer mit (einem) Kind(ern) unter 16 Jahren, das besondere Aufmerksamkeit benötigt (z.B. kleine Kinder), kann es schwierig sein, ihre Aufgaben im Homeoffice wahrzunehmen.

Ihnen können mehrere Lösungen angeboten werden:

  • Eine Anpassung der Arbeitszeiten;
  • Eine zeitweilige Anpassung ihrer Aufgaben durch die Unterzeichnung eines Zusatzes zum Arbeitsvertrag;
  • Als letztes Mittel ein Antrag auf Freistellung von der Arbeit für die Betreuung eines Kindes unter 16 Jahren für die Dauer der Schließung der Schule. In diesem Fall ist es Sache des Arbeitgebers, die Erklärung auf der Website https://www.ameli.fr oder auf der Website https://www.declare.ameli.fr abzugeben.

Besteht Versicherungsschutz für Arbeitnehmer in Telearbeit?

Der Arbeitnehmer in Telearbeit muss über einen Versicherung verfügen, mit der sowohl die seiner beruflichen Tätigkeit gewidmeten Räumlichkeiten zu Hause als auch das ihm vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellte Material versichert ist.

Der Arbeitnehmer muss daher seinen Hausratversicherer über die Nutzung eines Teils seiner Wohnung für berufliche Zwecke informieren und eine Bescheinigung über den Versicherungsschutz verlangen, die er dann seinem Arbeitgeber zur Verfügung stellt.

Wie werden die Kosten der Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Telearbeit erstattet?

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die Kosten für die Telearbeit zu übernehmen, da es sich dabei um berufsbedingte Ausgaben handelt. Diese Kostentragung kann verschiedene Formen haben:

  • die Zahlung einer Kostenpauschale, die alle durch die Telearbeit entstehenden Kosten (Heizung, Strom, Internet, Telefon usw.) umfasst;
  • Erstattung der tatsächlichen Kosten gegen Vorlage von Telefon- und Internetrechnungen usw.

Der Sozialversicherungsträger URSSAF (https://www.urssaf.fr/portail/home/employeur/calculer-les-cotisations/les-elements-a-prendre-en-compte/les-frais-professionnels/le-teletravail.html) sieht die Möglichkeit der Zahlung der folgenden pauschalen Erstattung durch den Arbeitgeber vor, die als zweckentsprechend verwendet gilt und bis zur nachfolgend genannten Höhe von Sozialabgaben befreit ist:

  • 10€ pro Monat, basierend auf Telearbeit an einem Tag in der Woche;
  • Ist der Arbeitnehmer jeden Tag der Woche in Telearbeit, beträgt die pauschale Erstattung
    50 € pro Monat.

Haben Arbeitnehmer in Telearbeit Anspruch auf Restauranttickets („titres-restaurant“)?

Gemäß Artikel L1222-9 III des Arbeitsgesetzbuches hat der Arbeitnehmer in Telearbeit dieselben Rechte wie der Arbeitnehmer, der in den Räumen des Arbeitgebers arbeitet. Werden den Arbeitnehmern des Unternehmens gewöhnlich Restauranttickets gewährt, dann haben die Arbeitnehmer in Telearbeit ebenfalls Anspruch auf Restauranttickets.

Den Arbeitnehmern in Telearbeit müssen dieselben Arbeits- und Bedingungen für Mahlzeiten wie den im Unternehmen tätigen Arbeitnehmern gewährt werden.

Deshalb muss der Arbeitstag eines Arbeitnehmers in Telearbeit so organisiert werden, dass er von einer Pause für eine Mahlzeit unterbrochen wird.

Wie werden die Kosten für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsplatz getragen werden?

Aufgrund der allgemeinen Ausgangssperre benutzt der Arbeitnehmer in Telearbeit grundsätzlich nicht die öffentlichen Verkehrsmittel, um zur Arbeit zu gelangen. Es sein denn, er muss ausnahmsweise aus zwingenden beruflichen Gründen seine Wohnung verlassen.

In diesem Fall muss der Arbeitnehmer eine spezielle Bescheinigung (attestation déragotoire) ausfüllen und der Arbeitgeber muss einen Bestätigung der beruflich veranlassten Fahrt (justificatif de déplacement professionnel) zur Verfügung stellen. Formulare für diese Dokumente sind unter folgender Adresse erhältlich: https://www.interieur.gouv.fr/Actualites/L-actu-du-Ministere/Attestation-de-deplacement-derogatoire-et-justificatif-de-deplacement-professionnel.

In der Regel muss der Arbeitgeber, sofern keine günstigeren kollektivvertraglichen Bestimmungen gelten, die Hälfte der Kosten des Abonnements für die vom Arbeitnehmer für Fahrten zwischen seinem gewöhnlichen Wohnsitz und seinem Arbeitsplatz mit öffentlichen Verkehrsmitteln (Zug, Bus, U-Bahn, Straßenbahn usw.) übernehmen. Dies gilt umso mehr, da bestimmte Betreiber öffentlicher Verkehrsmittel (einschließlich der RATP) derzeit keine Aussetzung der  Jahresabonnements für öffentliche Verkehrsmittel gewähren.

Das Arbeitsministerium hat sich noch nicht zur Frage der Kostentragung in der Covid-19-Krise geäußert. Der Arbeitgeber sollte zunächst weiterhin den auf ihn entfallenden Teil der Kosten für Fahrten zwischen dem gewöhnlichen Wohnsitz und dem üblichen Arbeitsplatz tragen.

Wie lassen sich die beruflichen und psychosozialen Risiken, die mit der Erbringung der üblichen Arbeitsleistung des Mitarbeiters bei der Telearbeit verbunden sind, erkennen und ihnen vorbeugen?

Die Telearbeit birgt berufliche Risiken, die durch die Entfernung und Isolation noch verstärkt werden: Die mangelnde Eignung von Telearbeits- oder Heimbürogeräten kann zu körperlichen Beschwerden führen (Muskel-, Glieder-, Sehbeschwerden, usw.) führen, die durch schlechte Körperhaltung oder fehlerhafter  Sitzposition usw. verursacht werden können.

Telearbeit bringt auch psychosoziale Risiken mit sich: Verschwinden der Grenzen zwischen Berufs- und Privatleben, Stress im Zusammenhang mit übermäßigen Kontrollen oder unverhältnismäßigen  Zielvorgaben, Rückgang der zwischenmenschlichen Beziehungen usw.

Im Rahmen seiner Sicherheitsverpflichtung muss der Arbeitgeber die Einhaltung der Vorschriften betreffend der Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer sicherstellen.

Die mit der Telearbeit verbundenen Risiken sollten identifiziert und entsprechende Maßnahmen zur deren Vorbeugung umgesetzt werden, einschließlich ergonomischer Empfehlungen für die Einrichtung eines Heimarbeitsplatzes, Maßnahmen zur Aufrechterhaltung sozialer Kontakte, Maßnahmen zur Verbesserung des Zeitmanagements und zur Kontrolle der Arbeitsbelastung.

In diesem Zusammenhang ist nochmal auf das „Recht auf Abschalten“ eines jeden Arbeitnehmers hinzuweisen. Es gesteht den Arbeitnehmern grundsätzlich zu, Kommunikationsmittel wie Smartphones, Tablets, Computer usw. für berufliche Zwecke nach Feierabend abzuschalten um die Einhaltung der Ruhe- und Urlaubszeiten sowie den Respekt des persönlichen und familiären Lebens zu gewährleisten.

In Unternehmen mit mehr als 50 Arbeitnehmern  kann sich dieser Hinweis direkt auf den Tarifvertrag oder der Vereinbarung  über das „Recht auf Abschalten“ beziehen, die Regelungen der Nutzung digitaler Kommunikationsmittel  vorsehen.