Deutsch-Französischer Informationsbrief | April 2021
In diesem zweisprachigen Informationsbrief möchten wir Sie über aktuelle rechtliche und steuerrechtliche Entwicklungen in Deutschland und Frankreich informieren. Dieser Brief ist von der Deutsch-Französischen Équipe von GGV verfasst, die sich auf die Beratung von Unternehmen aus französischsprachigen Ländern in Deutschland und von Unternehmen aus deutschsprachigen Ländern in Frankreich spezialisiert hat.
News Frankreich
- STEUERRECHT - Erläuterungen zur Charakterisierung einer ertragsteuerlichen und umsatzsteuerlichen Betriebsstätte in Frankreich
- VERTRAGSRECHT - Die Nichtigkeit des gewerblichen Mietvertrags führt zur Nichtigkeit des vom Mieter aufgenommenen Darlehens
- VERTRAGSRECHT - Ergebnispflicht bezüglich der Gewährleistung der Sicherheit bei Wartungsleistungen
- VERTRAGSRECHT - Kurzmeldung - Geschmacksänderung im Wein und Erweiterung der Haftung für fehlerhafte Produkte
- ARBEITSRECHT – COVID 19 - Informationen über Maßnahmen für Unternehmen in der Covid-19-Epidemie
- ARBEITSRECHT - Kann sich ein Arbeitnehmer systematisch weigern, seine Kamera in Videokonferenzen zu aktivieren?
- COMPLIANCE - Die französische Anti-Korruptions-Agentur (Agence Française Anticorruption, « AFA ») aktualisiert ihre Empfehlungen
- GESELLSCHAFTSRECHT - Im Falle einer Verschmelzung besteht kein automatischer Versicherungsschutz durch die Versicherungspolice der aufnehmenden Gesellschaft für Risiken bei der übernommenen Gesellschaft
- GESELLSCHAFTSRECHT - Kurzmeldung – Abhaltung von Gesellschafterversammlungen im Jahr 2021
- IMMOBILIENRECHT – GEWERBLICHE MIETVERTRÄGE Covid-19-bedingte Mietrückstände werden in bestimmten Fällen nicht vom Mieter geschuldet
- IMMOBILIENRECHT – GEWERBLICHE MIETVERTRÄGE - Der Anspruch gegen rechtswidrige Klauseln ist für alle gewerbliche Mietverträge unverjährbar
- DATENSCHUTZRECHT - Cookies, Cybersicherheit von Internetseiten und Gesundheitsdaten: Update zu den wesentlichen Kernbereichen der CNIL-Kontrollen für das Jahr 2021
News Frankreich
STEUERRECHT - Erläuterungen zur Charakterisierung einer ertragsteuerlichen und umsatzsteuerlichen Betriebsstätte in Frankreich
In einer Entscheidung „Société Conversant International Ltd“ vom 11. Dezember 2020 (CE plén. 11/12/2020 n°420174 min c/ Société Conversant International Limited) hat der Conseil d’Etat – das oberste Finanzgericht – präzisiert, unter welchen Umständen eine Betriebsstätte in Frankreich sowohl für die Körperschaftsteuer als auch für die Umsatzsteuer vorliegt.
Der Fall warf die Frage auf, ob ein irisches Unternehmen der digitalen Wirtschaft in Frankreich besteuert werden kann.
Bei der Valueclick International Ltd jetzt Conversant International Ltd, Gesellschaft mit Hauptsitz in Irland, wurde eine Betriebsprüfung durchgeführt. Die Steuerbehörden kamen zum Schluss, dass das Unternehmen eine steuerpflichtige Tätigkeit in Frankreich über eine Betriebsstätte ausübte und machten Nachforderungen von Körperschaftsteuer und Umsatzsteuer geltend.
In dem dem Finanzgericht vorgelegten Sachverhalt führte das Unternehmen irischen Rechts, eine Tochtergesellschaft eines amerikanischen Unternehmens, Tätigkeiten im Bereich des digitalen Marketings in Frankreich über eine Schwestergesellschaft aus. Im Rahmen eines Dienstleistungsvertrags erbrachte das französische Unternehmen Verwaltungs-, Marketing-, Management- und Back-Office-Dienstleistungen. Die Vergütung erfolgte durch eine Kostenerstattung zuzüglich eines Gewinnsaufschlags von 8 %.
Ertragsteuerliche Betriebsstätte
Für Zwecke der Körperschaftsteuer wird das Vorliegen einer Betriebsstätte in Frankreich nach den Regeln des Artikels 2 des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen Frankreich und Irland vom 21. März 1968 beurteilt. So gilt eine irische Gesellschaft als in Frankreich ansässig, wenn sie in Frankreich eine feste Niederlassung hat, über die sie ihre Tätigkeit ganz oder teilweise ausübt, oder wenn sie eine Person handeln lässt, die in Frankreichbefugt ist, in ihrem Namen Geschäftsbeziehungen in Bezug auf ihre eigene Tätigkeit einzugehen.
In dem ihm vorgelegten Fall entschied der Conseil d’Etat, dass Valueclick tatsächlich eine Betriebsstätte in Frankreich hatte, weil sie in Anbetracht ihrer Rolle die Befugnis hatte, für die irische Gesellschaft eine Geschäftsbeziehung aufzunehmen.
Die französische Gesellschaft fungierte als Marketingbeauftragter für das irische Unternehmen, indem sie französische Kunden akquirierte und ihnen die Produkte des irischen Unternehmens verkaufte. In dieser Funktion war sie für den Abschluss von Verträgen einschließlich der Aushandlung bestimmter Klauseln zuständig. Lediglich die Validierung durch eine automatische Unterschrift wurde von der irischen Gesellschaft durchgeführt.
Unabhängig davon, dass die Verträge formell nicht im Namen der irischen Gesellschaft abgeschlossen worden waren, wurde die französische Gesellschaft als abhängiger Vertreter angesehen, weil sie die Verträge im Namen der ausländischen Gesellschaft abschloss. Folglich ist sie als Betriebsstätte der irischen Gesellschaft zu betrachten, was ihre Besteuerung in Frankreich zur Folge hat.
Diese Entscheidung erweitert erheblich die Möglichkeiten für die Besteuerung ausländischer Unternehmen in Frankreich. Tatsächlich kann nun eine Betriebsstätte vorliegen, wenn ein französischer Vertragspartner die Befugnis hat, Verträge im Namen eines ausländischen Unternehmens abzuschließen und diese praktisch ausübt.
Umsatzsteuerliche Betriebsstätte
Im Bereich der Umsatzsteuer hat das Vorliegen einer Betriebsstätte Auswirkungen auf die Zuordnung des Leistungsortes am Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit oder an der Betriebsstätte.
Für Zwecke der Umsatzsteuer liegt eine Betriebsstätte vor, wenn die Dienstleistungen von einer festen Geschäftseinrichtung erbracht werden, die einen ausreichenden Grad an Dauerhaftigkeit aufweist und deren Struktur in Bezug auf die personelle und technische Ausstattung eine eigenständige Erbringung der Dienstleistungen ermöglicht.
In diesem Fall stellte der Conseil d’Etat fest, dass das französische Unternehmen, soweit es über das Personal für den Vertrieb der Dienstleistungen verfügte, die personellen Ressourcen hatte, um die Dienstleistungen des irischen Unternehmens eigenständig zu erbringen. Demnach stellte die französische Gesellschaft eine Betriebsstätte dar, aus der die Dienstleistungen für die irische Gesellschaft erbracht wurden. Die Dienstleistungen waren daher in Frankreich steuerpflichtig.
Unternehmen mit Sitz im Ausland, die mit Hilfe französischer Dienstleister Kunden in Frankreich akquirieren haben nun den Umfang der Befugnisse ihrer Vertragspartner mit besonderer Sorgfalt zu prüfen, um das Betriebstättenrisiko zu minimieren.
Unser Steuerteam steht Ihnen für die Prüfung Ihrer steuerrechtlichen Fragen in Bezug auf die neue Rechtsprechung zur Verfügung.
VERTRAGSRECHT - Die Nichtigkeit des gewerblichen Mietvertrags führt zur Nichtigkeit des vom Mieter aufgenommenen Darlehens
(Berufungsgericht von Rennes 09.09.2020 Nr. 17.03847)
In diesem Fall entschied das Berufungsgericht Rennes zugunsten des Mieters, der die Nichtigkeit seines gewerblichen Mietvertrags wegen arglistiger Täuschung durch seinen Vermieter beantragte. Die Richter setzen ihre Argumentation fort, indem sie die Theorie der voneinander abhängigen Verträge anwandten, um die Nichtigkeit der zwei Kreditverträge, die der Mieter zur Finanzierung seines Betriebs abgeschlossen hatte, auszusprechen.
Im französischen Recht stammt die Theorie der voneinander abhängigen Verträge aus der Rechtsprechung. Sie ist seit der Verordnung Nr. 2016-131 vom 10.02.2016 zur Reform des Vertragsrechts und des allgemeinen und besonderen Schuldrechts in Art. 1186 Abs. II und III des französischen Zivilgesetzbuchs verankert. Im vorliegenden Fall ist dieser Artikel jedoch nicht anwendbar, da der gewerbliche Mietvertrag und die Kreditverträge vor dem Inkrafttreten der Verordnung unterzeichnet wurden.
Dieses Urteil ist auch von besonderer Bedeutung, weil die Richter die Theorie der voneinander abhängigen Verträge auf Kreditverträge, die mit einem gewerblichen Mietvertrag verbunden sind, anwenden.
Nach Auffassung der Richter wurden die Kreditverträge zur Finanzierung des Betriebs, der in den im gewerblichen Mietvertrag überlassenen Räumlichkeiten geführt werden sollte, abgeschlossen. Die Richter stellen zunächst fest, dass die Darlehen der Einrichtung des Betriebs dienen. Darüber hinaus sehen die Bestimmungen der Kreditverträge ausdrücklich vor, dass die Darlehen für den Bedarf der gewerblichen Tätigkeit verwendet werden und dass das Einkommen aus dem Gewebebetrieb die Rückzahlung der Darlehen ermöglicht. Die Richter kamen zu dem Schluss, dass ein „einheitlicher wirtschaftlicher Vorgang“ vorliege, so dass die Nichtigkeit des gewerblichen Mietvertrages wegen arglistiger Täuschung zur Nichtigkeit der Kreditverträge führt.
Somit wenden die Richter die Kriterien, die der Gesetzgeber im Rahmen der Reform des Vertragsrechts aufgestellt hat, vorzeitig an. Der betreffende Vorgang bildet ein zusammengehöriges Vertragswerk bzw. mehrere Verträge, die unter Beibehaltung ihrer Individualität zu demselben wirtschaftlichen Vorgang beitragen. Zudem war dieses zusammengehörige Vertragswerk dem Kreditinstitut bewusst, da die Darlehen ausdrücklich für den Bedarf der gewerblichen Tätigkeit vorgesehen waren. Schließlich war die ordnungsgemäße Erfüllung des gewerblichen Mietvertrages eine entscheidende Bedingung, ohne die der Kreditnehmer das Darlehen nicht gewährt hätte.
Um diese Interdependenz in einem zusammengehörigen Vertragswerk herzustellen, ist es erforderlich in jedem der Verträge die anderen Verträge, die das zusammengehörige Vertragswerk bilden, ausdrücklich zu nennen und die Interdependenz anhand der Kriterien des Art. 1186 des Zivilgesetzbuches – d.h. die Erfüllung eines Vertrages, die durch die Nichtigkeit eines anderen Vertrages unmöglich gemacht wird, oder die Erfüllung eines Vertrages als entscheidende Bedingung für das Zustandekommen durch die Annahme eines anderen Vertrages – festzustellen.
VERTRAGSRECHT - Ergebnispflicht bezüglich der Gewährleistung der Sicherheit bei Wartungsleistungen
Das französische Recht unterscheidet bezüglich der Gewährleistung der Sicherheit zwischen der Ergebnispflicht und der Verpflichtung zum Einsatz von Mitteln. Eine Entscheidung des Kassationshofs vom 5.11.2020 (Nr. 19-10.857) erweitert die Ergebnispflicht auf Wartungsfirmen von automatischen Zugangstüren zu einem Parkplatz.
Die Unterscheidung zwischen der Ergebnispflicht und der Verpflichtung zum Einsatz von Mitteln hat Auswirkungen auf die Beweislast: im Falle einer Ergebnispflicht wird ein Verschulden des Schuldners vermutet, wenn das Ergebnis nicht erreicht wird. Bei einer Verpflichtung zum Einsatz von Mitteln hingegen obliegt es dem Geschädigten, zu beweisen, dass die andere Partei einen Fehler begangen hat.
In bestimmten Bereichen, wie z.B. im Sport, hat der Kassationshof Kriterien festgelegt, um zu bestimmen, ob eine Sicherheitspflicht eine Ergebnispflicht ist, und in anderen Bereichen entscheidet der Kassationshof von Fall zu Fall und je nach Branche. So wie es der Fall bei den Dienstleistungen von Aufzugstechnikern, die in der Tat einer Ergebnispflicht unterworfen sind, ist, gilt dies nun auch für „die Person, die für die Wartung einer automatischen Zugangstür zu einem Parkplatz verantwortlich ist“.
Diese Entscheidung stellt klar, wie wichtig eine gute Kenntnis des Haftungsregimes, dem eine Dienstleistungstätigkeit unterliegt, ist, und dass der Gegenstand des Dienstleistungsvertrages eindeutig beschrieben sein muss.
VERTRAGSRECHT - Kurzmeldung - Geschmacksänderung im Wein und Erweiterung der Haftung für fehlerhafte Produkte
Wenn chemische Produkte, die bei der Behandlung von Weinen verwendet werden, eine Verunreinigung der Weine verursacht haben, die den Geschmack der Weine verändert, kann der Hersteller dieser Produkte haftbar gemacht werden?
Civ. 1ère, 9.12.2020, n°19-17.724.
Mit dieser Frage befasst sich die Entscheidung vom 9. 12. 2020 des französischen Kassationshofs.
Auf der Grundlage des (neuen) Artikels 1245-1 des französischen Zivilgesetzbuches entscheidet der französische Kassationshof, dass eine solche Veränderung der Weine durch Verunreinigung einen Schaden darstellt, für den auf der Grundlage der Haftung für fehlerhafte Produkte Schadensersatz gefordert werden kann.
Die Tatsache, dass das Produkt nicht gesundheitsschädlich ist, schließt die Qualifikation als fehlerhaftes Produkt nicht aus, insbesondere, wenn das Produkt die Zerstörung oder Beeinträchtigung einer anderen Ware verursacht. Die Richter müssen den Sicherheitsmangel des Produkts unter Berücksichtigung aller Umstände beurteilen, vor allem im Hinblick auf die Aufmachung und den zu erwartenden vernünftigen Gebrauch des Produkts.
Diese Entscheidung zeigt, wie wichtig es ist, das Haftungsrisiko für fehlerhafte Produkte zu berücksichtigen, da die Produkthaftung bis zu zehn Jahre nach Inverkehrbringen des Produkts geltend gemacht werden kann.
ARBEITSRECHT – COVID 19 - Informationen über Maßnahmen für Unternehmen in der Covid-19-Epidemie
Aufgrund der Covid-19-Krise und der neuen Beschränkungen, die nunmehr für alle Departements des französischen Mutterlandes gelten, hat die französische Regierung entschieden, bestimmte Änderungen bezüglich der Kurzarbeit erst später umzusetzen, bestimmte Sonderregelungen zugunsten von Unternehmen aufrechtzuerhalten und das nationale Sicherheitskonzept für Unternehmen zu aktualisieren.
Die Regierung hatte durch zwei Verordnungen vom 26.02.2021 die Herabsetzung des Satzes für das Kurzarbeitergeld und den für die Erstattung von Kurzarbeitergeld an den Arbeitgeber auf den 01.04.2021 verschoben. Die Verordnungen sahen die Reduzierung des Satzes für das Kurzarbeitsgeld von 70 % auf 60 % vor und die Reduzierung des Satzes für die Erstattung von 60 % auf 36 %.
Da die sanitäre Krise andauert, hat die Arbeitsministerin am 09.03.2021 angekündigt, dass diese Sätze erst ab dem 01.05.2021 herabgesetzt werden. Die Sätze für Unternehmen der sogenannten geschützten Branchen und für Unternehmen mit Publikumsverkehr, deren Geschäftstätigkeit ganz oder teilweise ruht (Kurzarbeitergeld bzw. Erstattung zu einem zu einem Satz von jeweils 70 %), werden ebenfalls erst später reduziert. Die für die Umsetzung der Ankündigung notwendigen Verordnungen wurden am 31.03.2021 veröffentlicht.
Im Anschluss an die Ankündigungen des Premierministers bezüglich der von den neuen Beschränkungen betroffenen Departements hat die Arbeitsministerin in einer Pressemitteilung vom 22.03.2021 mitgeteilt, dass Unternehmen in diesen Departements unter bestimmten Voraussetzungen das Kurzarbeitergeld zu einem Satz von 100 % erstattet werden wird.
Arbeitnehmer, die aufgrund ihres Gesundheitszustandes Covid-19-bedingten Risiken besonders stark ausgesetzt sind oder die ein Kind betreuen müssen, kommen weiterhin in den Genuss von Kurzarbeit. Ihre Arbeitgeber müssen die Kurzarbeit beantragen. Die Sätze für diese Arbeitnehmer werden gemäß der Verordnung vom 11.03.2021 erst ab dem 01.06.2021 herabgesetzt.
Die Ausnahmeregelungen für die Kurzarbeit und damit die oben genannten Sätze werden mit dem Ende des sanitären Notstands enden, der bis zum 01.07.2021 inklusive verlängert wurde.
Am 15.03.2013 hat der Premierminister die Verlängerung der Regelungen über die Prämie für die Einstellung eines Arbeitnehmers, der jünger als 26 Jahre ist, angekündigt. Diese werden statt am 31.03.2021 erst am 31.05.2021 auslaufen. Das Unternehmen muss unbefristet oder befristet mit einer Vertragsdauer von mindestens 3 Monaten einstellen, ein Gehalt gewähren, das höchstens dem Doppelten des gesetzlichen Mindestgehalts SMIC entspricht, und seit dem 01.01.2020 keine betriebsbedingte Kündigung für Stelle des Arbeitnehmers ausgesprochen haben. Der Zuschuss beläuft sich auf 4.000 € für einen Mitarbeiter in Vollzeit.
Am gleichen Tag hat der Premierminister außerdem die Neuauflage der steuer- und abgabebefreiten Sonderprämie für die Kaufkraft, der sogenannten „prime Macron“ in Höhe von 1.000 € pro Arbeitnehmer für das Jahr 2021 angekündigt. Unter bestimmten Voraussetzungen kann dem Premierminister zufolge die Prämie auf bis zu 2.000 € pro Arbeitnehmer erhöht werden. Wir erinnern daran, dass der Arbeitgeber nicht verpflichtet ist seinen Arbeitnehmern eine solche Sonderprämie zu gewähren.
Das vom Arbeitsministerium veröffentliche nationale Protokoll zur Gewährleistung der Gesundheit und der Sicherheit der Arbeitnehmer im Unternehmen in der Covid-19-Epidemie wurde am 23.03.2021 aktualisiert. Die wichtigsten Neuerungen betreffen Personen mit Symptomen und Kontaktpersonen sowie die Telearbeit.
Das Arbeitsministerium ist der Ansicht, dass „die Telearbeit als eine der effizientesten Maßnahmen zur Vorbeugung von Infektionsrisiken erachtet werden kann“. Das nationale Sicherheitskonzept sieht deshalb nunmehr für die von den neuen Beschränkungen betroffenen Departements vor, dass „die Unternehmen einen Aktionsplan für die nächsten Wochen zur größtmöglichen Reduzierung der Präsenz von Arbeitnehmern in den Unternehmensräumen einführen muss, der die Aktivitäten, für die Telearbeit möglich ist, berücksichtigt. Der der Größe des Unternehmens angepasste Aktionsplan ist Gegenstand von Abstimmungen im Rahmen des sozialen Dialogs. Im Falle einer Kontrolle werden die umgesetzten Maßnahmen der Arbeitsinspektion präsentiert.“
Wir erinnern in diesem Zusammenhang daran, dass der Arbeitgeber alle Maßnahmen ergreifen muss, die für den Schutz der Gesundheit seiner Arbeitnehmer notwendig sind, und dass er deshalb insbesondere die für die Prävention erforderlichen Maßnahmen ergreifen muss.
ARBEITSRECHT - Kann sich ein Arbeitnehmer systematisch weigern, seine Kamera in Videokonferenzen zu aktivieren?
Die aktuelle Epidemie hat zum Schutz der Gesundheit und der Sicherheit der Arbeitnehmer zu einem verstärkten Einsatz von Telearbeit in Unternehmen mit Tätigkeiten geführt, die in Telearbeit erledigt werden können.
Telearbeit hat zu einer Änderung der Arbeitsorganisation der Unternehmen geführt, die insbesondere Treffen in Geschäftsräumen durch Videokonferenzen ersetzt haben.
Manche Mitarbeiter lehnen es ab, in Videokonferenzen die Kamera zu aktivieren.
Die Mitarbeiter begründen dies in erster Linie mit dem Schutz ihres Privatlebens und verweisen häufig auch auf die FAQ der französischen Datenschutzbehörde CNIL (Commission Informatique et Libertés), die diese auf ihrer Website veröffentlich hat [https://www.cnil.fr/fr/les-questions-reponses-de-la-cnil-sur-le-teletravail].
Die CNIL empfiehlt Arbeitgebern allgemein, „nicht auf die Aktivierung der Kamera durch Arbeitnehmer in Telearbeit zu bestehen, die an Videokonferenzen teilnehmen“, da in den meisten Fällen eine Teilnahme über das Mikrophon ausreichend sei.
Die CNIL, deren Stellungnahme in den FAQ rechtlich nicht verbindlich und nicht zwingend ist, begründet ihre Auffassung damit, dass gemäß Artikel 5 (1) c) DSGVO die verarbeiteten personenbezogenen Daten (vorliegend die Videobilder eines Arbeitnehmers) „dem Zweck angemessen und erheblich sowie auf das für die Zwecke der Verarbeitung notwendige Maß beschränkt sein“ müssen und dass „die Ausstrahlung von Bildern, die zur Verbesserung der Atmosphäre in einer Zeit der Trennung von den Kollegen beitragen können, das Recht auf Schutz des Privatlebens, insbesondere von anderen Personen in der Wohnung, verletzen kann“. Die CNIL weist darauf hin, dass ein Arbeitnehmer die Aktivierung der Kamera verweigern können muss, „indem er sich auf Gründe, die sich aus seiner besonderen Situation ergeben, beruft“, und ist der Ansicht, dass es dem Arbeitgeber obliegt, besondere Umstände zu rechtfertigen, die eine Videokonferenz mit eingeschalteter Kamera notwendig machen.
Unserer Ansicht nach muss die Tragweite dieser Stellungnahme aus den folgenden Gründen nuanciert werden:
- Kann der Arbeitgeber belegen, dass er mit der Verarbeitung von Bildern der Arbeitnehmer in einer Videokonferenz einen bestimmten Zweck verfolgt, für den die Verarbeitung von Bildern der Arbeitnehmer notwendig ist und für den ein berechtigtes Interesse besteht, kann er grundsätzlich eine Aktivierung der Kamera von den Arbeitnehmern verlangen, ohne dass ihre vorherige Einwilligung notwendig wäre. Selbstverständlich haben die betroffenen Personen (hier die Arbeitnehmer) gemäß Artikel 21 DSGVO das Recht, Widerspruch gegen die Verarbeitung sie betreffender personenbezogener Daten, die aufgrund eines berechtigten Interesses erfolgt, einzulegen. Dies setzt jedoch voraus, dass sie die Gründe, die sich aus ihrer besonderen Situation ergeben, vorbringen (und belegen) können. In der FAQ erläutert die CNIL nicht, welche „Gründe, die sich aus der besonderen Situation der Arbeitnehmer ergeben“, in Frage kommen, lässt jedoch durchklingen, dass es sich um Gründe im Zusammenhang mit der Telearbeit handelt. Da ein Arbeitnehmer, der sich in den Räumen des Arbeitgebers befindet, seine Teilnahme an einer Besprechung nicht mit dem Hinweis auf sein Recht auf Schutz des Privatlebens ablehnen kann, kann im Falle von Telearbeit die einzige mögliche Beeinträchtigung nur die sein, dass der Arbeitnehmer gezwungen wird, sein persönliches Umfeld preiszugeben. Dem kann jedoch dadurch begegnet werden, dass ein Bildschirmhintergrund zur Verfügung gestellt wird, mit dem der Arbeitnehmer sein Umfeld sowie andere ggf. in seiner Wohnung anwesende Personen verdecken kann.
- Beruft sich der Arbeitnehmer wirksam auf Gründe, die sich aus seiner besonderen Situation ergeben, dann kann der Arbeitgeber unter der Voraussetzung, dass er „zwingende schutzwürdige Gründe für die Verarbeitung nachweisen“ kann, „die die Interessen, Rechte und Freiheiten der betroffenen Person überwiegen“, trotzdem trotz des Widerspruches des Arbeitnehmers weiterhin die Daten verarbeiten (siehe Artikel 21 DSGVO).
Das Ziel von Videokonferenzen im Unternehmen ist in erster Linie die Fortsetzung der Geschäftstätigkeit und die Aufrechterhaltung der zuvor bestehenden Arbeitsorganisation, zu der Besprechungen mit dem Team und individuelle Gespräche zwischen Arbeitnehmern und Vorgesetzten gehören.
Solche Treffen sind unabdingbar für ordentliche Abläufe im Unternehmen. Sie sollen dem Teamleiter ermöglichen, das Team zu managen und für Zusammenhalt zu sorgen. Individuelle Gespräche sind für die Kontrolle der Arbeit und der Arbeitsbedingungen aller Mitarbeiter notwendig.
Mit der Durchführung von Videokonferenzen mit aktivierter Kamera kommt der Arbeitgeber außerdem den Bestimmungen der nationalen branchenübergreifenden Vereinbarung (Accord National Interprofessionnel) vom 26.11.2020 nach, der in diesem Zusammenhang Folgendes vorsieht:
- „Ein besonderes Augenmerk muss auf die Erhaltung des internen sozialen Zusammenhalts gelegt werden, auf die Bedingungen für die Aufrechterhaltung der sozialen Verbindung zwischen den Mitarbeitern, im Hinblick auf die Distanzierung von sozialen Beziehungen oder sogar den Verlust der sozialen Verbindung, die mit der Verwendung von Fernkommunikationsmitteln einhergeht.“
- „Die Vermeidung von Isolation trägt sowohl zur Gesundheit des telearbeitenden Mitarbeiters als auch zum Erhalt des Zugehörigkeitsgefühls zum Unternehmen bei. (…) Regelmäßiges Arbeiten in der Gruppe ist unerlässlich. Der telearbeitende Mitarbeiter muss in der Lage sein, seinen Vorgesetzten auf eventuelle Isolationsgefühle aufmerksam zu machen, so dass der Vorgesetzte Lösungen vorschlagen kann, um Abhilfe zu schaffen.“
- „In Anbetracht der möglichen Schwierigkeiten, die Telearbeit unter außergewöhnlichen Umständen oder in Fällen höherer Gewalt für die Arbeitnehmer mit sich bringen kann, hat der Arbeitgeber besonders auf die Anwendung der gesetzlichen und kollektivrechtlichen Vorschriften in Bezug auf die Gesundheit und Sicherheit der betroffenen Arbeitnehmer zu achten.“
- „Darüber hinaus hat der Manager eine Schlüsselrolle bei der Festlegung von Zielen und der Priorisierung von Aktivitäten. Der Austausch zwischen dem Mitarbeiter und dem Manager erleichtert mögliche Anpassungen.“
Der Arbeitnehmer in Telearbeit hat gemäß Artikel L.1222-9 des Arbeitsgesetzbuches „dieselben Rechte wie der Arbeitnehmer, der in den Räumen des Unternehmens arbeitet“. Dies impliziert auch, dass er dieselben Pflichten wie der in den Räumen des Arbeitgebers tätige Mitarbeiter, wie z.B. die Pflicht zur Teilnahme an Treffen und Gesprächen.
Arbeitnehmer können deshalb nicht mit Hinweis auf die Stellungnahme der CNIL eine Aktivierung der Kamera in Videokonferenzen ablehnen.
COMPLIANCE - Die französische Anti-Korruptions-Agentur (Agence Française Anticorruption, « AFA ») aktualisiert ihre Empfehlungen
Am 12. Januar veröffentlichte die AFA im Gesetzblatt (Journal Officiel) die zweite Auflage ihrer Empfehlungen. Diese dienen in erster Linie dazu, den betroffenen Unternehmen bei der Erstellung eines Compliance-Management System (CMS) einen Leitfaden in die Hand zu geben. Ferner dienen die Empfehlungen den betroffenen Unternehmen als Referenzwerk zur Einhaltung des Gesetzes vom 9. Dezember 2016, besser bekannt als das Sapin 2 Gesetz.
Diese aktualisierte Auflage der Empfehlungen ersetzt die erste im Dezember 2017 veröffentlichte Auflage. Drei Jahre nach dem Inkrafttreten des Sapin 2 Gesetzes, verfolgen diese Empfehlungen das Ziel, Abhilfe bei der im September 2020 gezogenen Bilanz zu leisten, aus der hervorgeht, dass nur 48% der Unternehmen über einen Compliance-Beauftragen (Compliance Officer) verfügen, 53% über eine Risikoanalyse und lediglich 39% über einen Due Diligence Prozess von Drittparteien.
Wir möchten darauf hinweisen, dass die Empfehlungen der AFA keinen zwingenden Rechtscharakter haben, allerdings diejenigen Unternehmen, die sich dazu entscheiden, entsprechend den Empfehlungen zu verfahren, von einer einfachen Vermutung der Einhaltung des Sapin 2 Gesetzes im Falle einer Kontrolle der AFA profitieren. Darüber hinaus ist anzumerken, dass die aktualisierte Auflage der Empfehlungen wesentlich detaillierter als die erste Auflage ist, um die betroffenen Unternehmen zu animieren, der Methodik der AFA nachzukommen.
Die aktualisierte Auflage fasst die gesetzlichen Bestimmungen des Art. 17 des Sapin 2 Gesetzes zu drei wesentlichen „Hauptkomponenten“ zusammen: das Engagement der Unternehmensleitung, die Risikoanalyse und das Risikomanagement. Die AFA hebt besonders die Notwendigkeit eines “Tone from the top” der Unternehmensleitung hervor: die Einhaltung des Sapin 2 Gesetzes beginnt mit einem vorbildlichen Verhalten der Unternehmensleitung und einer Null-Toleranz-Politik im Unternehmen.
Betreffend der konkreten Umsetzung des CMS , macht die AFA in ihren Empfehlungen deutlich, dass die die Risikoanalyse der „Eckpfeiler“ eines jeden effizienten CMS ist. Folglich ist für die Unternehmen zunächst unerlässlich, die eigenen Korruptionsrisiken zu identifizieren, zu bewerten und zu priorisieren bevor ein Maßnahmenplan festgelegt und ein CMS implementiert wird.
Hinsichtlich des Inhalts und Umfangs der Kontroll-Verfahren eines CMS führt die AFA in den aktualisierten Empfehlungen ein Schema mit Beispielen der durchzuführenden Kontrollen der ersten, zweiten und dritten Verteidigungslinie auf.
Diese aktualisierte Auflage der Empfehlungen unterscheidet sich im Wesentlichen nicht von der ersten Auflage, jedoch ist festzustellen, dass den Unternehmen aufgrund der detaillierten Angaben zum einen ermöglicht werden soll, die Anforderungen der AFA besser zu verstehen und zum anderen unterstrichen werden soll, dass es von Vorteil ist, der Methodik der AFA zu entsprechen, um im Falle einer AFA-Kontrolle die Konformität ihres CMS vorweisen zu können.
GESELLSCHAFTSRECHT - Im Falle einer Verschmelzung besteht kein automatischer Versicherungsschutz durch die Versicherungspolice der aufnehmenden Gesellschaft für Risiken bei der übernommenen Gesellschaft
Im Falle einer Verschmelzung gehen die Aktiva und Passiva der übernommenen Gesellschaft automatisch auf die aufnehmende Gesellschaft über (Art. L 236-3 des Handelsgesetzbuchs). Die aufnehmende Gesellschaft übernimmt folglich sämtliche Vermögenswerte, Rechte und Pflichten der übernommenen Gesellschaft.
So haftet die übernehmende Gesellschaft für die Schulden der übernommenen Gesellschaft und kann sogar für Straftaten oder Verstöße der übernommenen Gesellschaft vor der Verschmelzung haften.
In einem Urteil vom 26.11.2020 hat der Kassationshof jedoch ausgeschlossen, dass Risiken bei der übernommenen Gesellschaft automatisch durch die von der übernehmenden Gesellschaft abgeschlossenen Versicherungspolice versichert sind.
In der vom Kassationshof zu entscheidenden Angelegenheit hatte die Aixia France eine Versicherungspolice abgeschlossen, die ausdrücklich “alle anderen Tochtergesellschaften oder Vertragshändler” vom Versicherungsschutz ausschließt. Kurz danach hatte Aixa France ihre Tochtergesellschaft Aixia Méditerranée übernommen.
Mehrere Privatpersonen, die sich in einem Rechtsstreit mit der Aixa Méditerranée, der übernommenen Gesellschaft, befanden, haben Klage gegen die Aixia France, die übernehmende Gesellschaft, erhoben sowie gegen deren Versicherer aufgrund einer zehnjährigen Bauhaftpflichtversicherung.
Das Berufungsgericht hatte den Versicherer zur Übernahme des Schadens verurteilt. Der Versicherung hatte Revision vor dem Kassationshof eingelegt und vorgetragen, es habe kein Versicherungsschutz bestanden.
Der Kassationshof hat zunächst bekräftigt, dass die zivilrechtliche Haftung der übernommenen Gesellschaft auf die aufnehmende Gesellschaft automatisch übergeht.
Das Urteil des Berufungsgerichts wurde daher insofern bestätigt, als sie die aufnehmende Gesellschaft zur Begleichung der Schulden der aufgenommenen Gesellschaft, der Aixia Méditerranée, verurteilt hat.
Es wurde jedoch der Vortrag zurückgewiesen, dass Schäden, die von der übernommenen Gesellschaft verursacht wurden, in gleicher Weise versicherbar sind wie Schäden, die von der aufnehmenden Gesellschaft verursacht wurden. Der Kassationshof hat deshalb die Entscheidung des Berufungsgerichts insoweit aufgehoben, als dieses die Haftung des Versicherers von Aixia France, der aufnehmenden Gesellschaft, festgestellt hatte.
Mit Hinweis auf den früheren Artikel 1134 des Zivilgesetzbuches (jetzt Artikel 1103 des Zivilgesetzbuches) hat der Kassationshof daran erinnert, dass, da die aufnehmende Gesellschaft vertraglich vereinbart hatte, durch andere Parteien verursachte Risiken von ihrer Versicherungspolice auszuschließen, die besagte Versicherungspolice den von der Tochtergesellschaft verursachten Schaden nicht deckt, trotz des automatischen Übergangs der vor der Verschmelzung entstandenen Forderungen und Schulden, die im Wege der Universalsukzession auf die auf die aufgenommene Gesellschaft übergehen.
Wenn also die vom Versicherten vor der Verschmelzung abgeschlossene Versicherungspolice nicht von der aufnehmenden Gesellschaft übernommen wurde, ist der von der übernommenen Gesellschaft verursachte Schaden möglicherweise nicht versicherbar.
Um zu vermeiden, dass die durch die übernommene Tochtergesellschaft verursachten Schäden, getragen werden müssen, ist es daher zwingend erforderlich, vor einer Verschmelzung oder Auflösung ohne Liquidation alle von der aufnehmenden Gesellschaft abgeschlossenen Versicherungsverträge zu überprüfen.
GESELLSCHAFTSRECHT - Kurzmeldung – Abhaltung von Gesellschafterversammlungen im Jahr 2021
Durch Verordnung vom 09.03.2021 wurden die Maßnahmen zur Vereinfachung der Einberufung und der Durchführung von Gesellschafterversammlungen bis zum 31. Juli 2021 verlängert.
Es ist daher noch bis zum 31.07.2021 möglich, die Teilnehmer der Gesellschafterversammlung ohne besonderes Formerfordernis Weise einzuberufen und diese durch schriftliche Stimmabgabe, per Telefon- oder Videokonferenzabzuhalten, ohne dass eine Satzungsänderung notwendig wäre.
IMMOBILIENRECHT – GEWERBLICHE MIETVERTRÄGE Covid-19-bedingte Mietrückstände werden in bestimmten Fällen nicht vom Mieter geschuldet
Mehrere Vermieter haben während der Covid-19-Pandemie Klagen wegen überfälliger und unbezahlter Miete gegen die Mieter eingereicht. Die Richter haben ihren Klagen nicht immer stattgegeben.
Eine der wesentlichen Pflichten eines Mieters in einem Mietvertrag ist die Zahlung der Miete. Die Covid-19-Pandemie hat jedoch dazu geführt, dass manche Mieter die fällige Miete nicht mehr zahlten.
Mehrere Vermieter reichten Klagen gegen die Mieter, die ihre Miete während der Covid-19-Pandemie nicht zahlten, ein, um die Mietrückstände einzufordern. Nicht alle von ihnen waren damit erfolgreich. Die Richter haben in mehreren Fällen die Ansprüche der Vermieter auf Zahlung der Miete abgewiesen.
Einige Gerichte waren der Ansicht, dass die administrative Schließung von Räumlichkeiten einen teilweisen Verlust der Räumlichkeiten gemäß Art. 1722 des französischen Zivilgesetzbuchs darstellt. Dieser Artikel erlaubt dem Mieter, im Falle einer teilweisen Zerstörung der Räumlichkeiten, eine Reduzierung der Miete oder die Beendigung des Mietvertrags zu verlangen. Diese teilweise Zerstörung bezieht sich grundsätzlich auf den materiellen Verlust der Räumlichkeiten. In diesem Sinne, hat das Landgericht Paris mit Urteil vom 21.01.2021 entschieden, dass die rechtliche Unmöglichkeit der Nutzung der Räumlichkeiten aufgrund einer Verwaltungsentscheidung einen Verlust darstellt, der den Mieter von seiner Mietzahlungspflicht befreit.
Andere Richter prüfen, ob die Parteien, unter Berücksichtigung der außergewöhnlichen Umstände, die die Bedingungen der Vertragserfüllung verändert haben, in gutem Glauben gehandelt haben. So stellte das Landgericht durch einen Beschluss vom 21.01.2021 fest, dass die Klage auf Zahlung der Miete ernsthaft bestritten und somit abzuweisen ist, weil der Mieter in gutem Glauben gehandelt hatte, als er versuchte, eine Mietminderung auszuhandeln.
Jedoch wurden bestimmte von den Mietern vorgebrachten Argumente nicht berücksichtigt.
Die Richter lehnten es ab, in der administrativen Schließung der Räumlichkeiten eine Verletzung der Pflicht des Vermieters zu sehen, dem Mieter Räumlichkeiten so zur Verfügung zu stellen, dass sie ihm ermöglichen, diese nach dem vertraglichen Zweck zu nutzen. Infolgedessen hat das Landgericht Paris am 25.02.2021 entschieden, dass die Verpflichtung des Vermieters, die Räumlichkeiten zu übergeben, ihn nicht dazu verpflichtet, dem Mieter den Kundenstamm der gemieteten Räumlichkeiten und die Stabilität des normativen Rahmens, in dem seine Tätigkeit ausgeübt wird, zu garantieren. Folglich konnten die Mieter im Umkehrschluss auch ihre Mietzahlungspflicht nichtversäumen.
Auch höhere Gewalt wird von den Richtern nicht anerkannt. Das Berufungsgericht Riom hat diesbezüglich in einem Urteil vom 02.03.2021 die Auffassung vertreten, dass höhere Gewalt nicht gilt, wenn der Mieter über die finanziellen Mittel verfügt, seine Miete zu zahlen. Darüber hinaus lässt, laut diesem Urteil, die Tatsache, dass Solidaritätsfonds und Maßnahmen zur Verschiebung oder Stundung der Mietzahlung zur Verfügung stehen, darauf schließen, dass der Gesetzgeber den Charakter der höheren Gewalt der Pandemie nicht anerkennt.
GGV-Insider: Wenn außergewöhnliche Umstände das Vertragsverhältnis so verändern, dass der Mieter Schwierigkeiten hat, seine Miete zu zahlen, wie z.B. bei der Covid-19-Pandemie, liegt es sowohl im Interesse des Vermieters als auch des Mieters, nach Treu und Glauben zu versuchen, eine Lösung für die Zahlung der Mietrückstände zu finden.
IMMOBILIENRECHT – GEWERBLICHE MIETVERTRÄGE - Der Anspruch gegen rechtswidrige Klauseln ist für alle gewerbliche Mietverträge unverjährbar
Durch Urteil vom 19.11.2020 hat der Kassationshof entschieden, dass Art. L. 145-15 des C. com., geändert durch das Pinel-Gesetz vom 18.06.2014, auf laufende Mietverträge anwendbar ist. Somit gelten die rechtswidrigen Klauseln der Mietverträge, die vor dem Gesetz Pinel geschlossen wurden und noch laufen, als nicht geschrieben. Die Ansprüche gegen diese Klauseln sind unverjährbar.
Das Pinel-Gesetz vom 18.06.2014 hat die Bestimmungen zu den gewerblichen Mietverträgen, insbesondere den Art. L. 145-15 C. com., geändert. Die neue Fassung dieses Artikels sieht vor, dass bestimmte gesetzliche Bestimmungen zum gewerblichen Mietvertrag zwingende Rechtsnormen (dispositions d’ordre public) sind und dass jede dagegenwirkende Klausel als ungeschrieben gilt.
Vor dem Pinel-Gesetz konnte jede Klausel, die gegen die zwingenden Rechtsnormen zu den gewerblichen Mietverträgen verstieß, nur innerhalb von 2 Jahren nach Abschluss des Mietvertrags vom Gericht nichtig erklärt werden. Seit dem Pinel-Gesetz kann der Mieter beanspruchen, dass eine rechtswidrige Klausel als ungeschrieben gilt. Der Unterschied zwischen der Nichtigkeit und der Geltung als ungeschrieben einer Klausel liegt im Prinzip in der Verjährung. Eine Nichtigkeitsklage verjährt, eine Klage, um eine Klausel als ungeschrieben zu erklären, verjährt jedoch nicht.
Die Verjährung der Klage um eine Klausel bei gewerblichen Mietverträgen als ungeschrieben zu erklären, war jedoch nicht explizit geklärt. Das Pinel-Gesetz hat im Übrigen nicht präzisiert, ob die neue Fassung des Art. L. 145-15 C. com. für Mietverträge, die am Tag des Inkrafttretens des Gesetzes laufend waren, anwendbar ist.
In vorliegendem Fall beanspruchte der Mieter eines vor Inkrafttreten des Pinel-Gesetzes abgeschlossenen Mietvertrages, dass eine Mietpreisanpassungsklausel gem. Art. L. 145-15 C. com. als ungeschrieben gilt.
Das Berufungsgericht gab dem Mieter Recht. Der Vermieter legte daraufhin Berufung beim Kassationshof ein. Er argumentierte, dass die Klage des Mieters verjährt sei. Für den Vermieter gelten die neuen Bestimmungen, mangels ausdrücklicher Regelung im Gesetz, nicht für laufende Mietverträge. Daher konnte der Mieter nicht verlangen, dass die Klausel als ungeschrieben gilt, sondern lediglich, dass sie nichtig ist, was innerhalb von 2 Jahren verjährt. Hilfsweise argumentierte der Vermieter, dass die Klage, die streitige Klausel als ungeschrieben geltend zu machen, nach 2 Jahren verjährt. Da der Mieter nach diesen 2 Jahren Anspruch erhoben hatte, sei seine Klage in jedem Fall wegen Verjährung als unzulässig zu betrachten.
Der Kassationshof wies die Berufung des Vermieters zurück. Zum einen wurde entschieden, dass die neuen Bestimmungen des Art. L. 145-15 C. com. auf laufende Mietverträge anzuwenden sind, so dass der Mieter berechtigt war zu verlangen, dass die rechtswidrige Klausel als ungeschrieben gilt. Andererseits hat der Kassationshof entschieden, dass der Anspruch, eine Klausel eines gewerblichen Mietvertrages als ungeschrieben erklären zu lassen, keiner Verjährung unterliegt.
GGV-Insider: Aufgrund der Nichtverjährung des Anspruchs gegen zwingende Rechtsnormen der gewerblichen Mietverträge verstoßende Klauseln als ungeschrieben zu erklären, ist das Risiko groß, dass Mieter gegen die Unwirksamkeit solcher Klauseln während der Laufzeit des Mietvertrags klagen. Deswegen ist der Vermieter beim Abschluss des Mietvertrags veranlasst, Klauseln, die gegen zwingende Rechtsnormen verstoßen, zu berücksichtigen.
DATENSCHUTZRECHT - Cookies, Cybersicherheit von Internetseiten und Gesundheitsdaten: Update zu den wesentlichen Kernbereichen der CNIL-Kontrollen für das Jahr 2021
In einer Pressemitteilung vom 2. März 2021 gab die französische Datenschutzbehörde CNIL ihre Kontrollschwerpunkte für die kommenden Monate bekannt. Wenig überraschend erklärte die CNIL, dass sie neben den Gesundheitsdaten ein besonderes Augenmerk auf die Einhaltung der Vorschriften zu Cookies sowie auf die Cybersicherheit von Websites legen werde.
Zur Erinnerung: Eine der zentralen Aufgaben der CNIL ist es, die Einhaltung der Vorschriften der DSGVO und des französischen Datenschutzgesetz (sog. „loi informatique et libertés“) durch öffentliche und private Einrichtungen, die im Rahmen ihrer Tätigkeiten personenbezogene Daten verarbeiten, zu überwachen. In diesem Zusammenhang kann es erforderlich sein, dass die CNIL Untersuchungen einleitet und formelle Kontrollen durchführt. Während einige der Kontrollen als Reaktion auf Hinweise oder Beschwerden durchgeführt werden bzw. mit aktuellen Ereignissen verknüpft sind, fokussiert sich die CNIL jedes Jahr auf Bereiche, die sich insbesondere auf das Privatleben einer Vielzahl von Personen auswirken. Diese Themen werden von der CNIL alljährlich öffentlich bekanntgegeben. Zudem berichtet die CNIL dann nach Abschluss ihres Jahresprogramms, über diese Themen sowie über die bei den durchgeführten Kontrollen festgestellten Praktiken.
Cybersecurity von Internetseiten:
Der Umstand, dass viele Internetseiten Sicherheitsmängel aufweisen, hat die CNIL dazu veranlasst, den Sicherheitsmaßnahmen, die Fachleute für Internetseiten vornehmen, besondere Aufmerksamkeit zu schenken.
Wie die ANSSI – Agence Nationale de la Sécurité des Systèmes d’Information – in ihren Empfehlungen für die Sicherung von Internetseiten anmerkt , sind Internetseiten von Natur aus besonders gefährdete Komponenten des Informationssystems und können somit von böswilligen Personen als Einfallstor in das Informationssystem des Hosts oder im weiteren Sinne des Unternehmens, das die Internetseite betreibt, missbraucht werden.
Folglich hat die CNIL sich im Rahmen ihrer Kontrolltätigkeit zum Ziel gesetzt, “das Sicherheitsniveau der meistgenutzten auf Frankreich ausgerichteten Internetseiten in verschiedenen Branchen zu kontrollieren. Besonderes Augenmerk wird dabei auf die Formulare/ Fragebögen zur Erfassung personenbezogener Daten, die Verwendung des HTTPS-Protokolls und die Einhaltung der CNIL-Empfehlung zu Passwörtern gelegt. »
Bei dieser Gelegenheit wird die CNIL die Einrichtungen zu den angewandten Konzepten befragen, die diese zum Schutz vor Ransomware (Schadsoftware) implementiert haben. Das Erfordernis dieser Befragung beruht insbesondere darauf, dass die Zahl der öffentlichen oder privaten Einrichtungen, die von Ransomware betroffen sind, erheblich zugenommen hat (Steigerung von 225 % seit 2019). Diese Statistik geht aus einem Bericht über den Stand der Bedrohungen von Unternehmen und Institutionen durch Ransomware hervor. Bericht der staatlichen Stelle, unter diesem Link abrufbar.
In diesem Zusammenhang hat die ANSSI in Zusammenarbeit mit dem Justizministerium einen praktischen Leitfaden veröffentlicht, der das Bewusstsein der Unternehmen und Behörden hinsichtlich der Thematik Ransomware-Angriffe fördern soll.
Cookies
Wie bereits im Jahr 2020, hat die CNIL auch für das Jahr 2021 angekündigt, dass sie die Einhaltung der Cookies-Vorschriften durch die Internetseitenbetreiber überwachen wird.
Dieses Thema ist von besonderer Aktualität, da die von der CNIL im September 2020 gewährte Umsetzungsfrist, die im Zuge der Veröffentlichung der aktualisierten Auflage ihrer Leitlinien zu Cookies gewährt wurde, mit dem 31. März 2021 abgelaufen ist [Link zu den Leitlinien. Daher wird die CNIL nun künftig die Einhaltung ihrer Leitlinien sowie die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften zu Cookies, insbesondere die sich aus Artikel 82 des französischen Datenschutzgesetzes (zur Umsetzung der so genannten E-Privacy-Richtlinie) und der DSGVO ergeben, überwachen.
Diese Leitlinien, beruhen auf den zur gleichen Zeit von der CNIL veröffentlichten Empfehlungen, enthalten eine Reihe von Anforderungen in Bezug auf:
– die Art und Weise, in der die Einwilligungserklärung der betroffenen Personen eingeholt werden muss (Einwilligung, die durch eine klare unmissverständliche Handlung erfolgt)
– die Verweigerung oder Widerruf der Einwilligung muss jederzeit ohne Mühe erfolgen können
– die den betroffenen Personen zu leistende Informationspflicht muss vor Einholung der Einwilligung erfüllt werden
– die Verpflichtung der Internetseitenbetreiber, jederzeit den Nachweis über die gültige Einholung einer freiwilligen, bewussten, präzisen und eindeutigen Einwilligung des Nutzers erbringen zu können.
Sicherheit von Gesundheitsdaten:
Die DSGVO verleiht den Gesundheitsdaten aufgrund ihrer sensiblen Natur einen besonderen Status. Daher unterliegen solche Daten einem besonders hohen Schutz, der sicherstellt, dass die Privatsphäre der betroffenen Personen, deren Daten verarbeitet werden, garantiert wird.
In diesem Zusammenhang hat die CNIL sich zum Ziel gesetzt, die Einhaltung der Verarbeitung von Gesundheitsdaten zu überwachen, insbesondere im Hinblick auf das Sicherheitsniveau Daten, das besonders hoch sein muss.
Wie die CNIL in ihrer Pressemitteilung Anfang März betonte, legt sie in Bezug auf die Sicherheit von Gesundheitsdaten, insbesondere aufgrund der aktuellen Sanitätskrise sowie angesichts der zunehmenden Digitalisierung des Gesundheitssektors, ein besonderes Augenmerk.
Diesbezüglich ist erwähnenswert, dass die CNIL zur gleichen Zeit, als sie ihre Pressemitteilung veröffentlichte, in der sie ihre Kontrollschwerpunkte für das kommende Jahr bekannt gab, in einem massiven Leck von Gesundheitsdaten einschritt, über das in der Presse berichtet wurde. Aufgrund der Vielzahl der betroffenen Personen (mehr als 500.000) und der hohen Sensibilität der betroffenen Daten (medizinische Daten aus Analyselaboren) hat die CNIL nicht nur die verantwortlichen Einrichtungen dazu aufgefordert die Vorschriften einzuhalten, d.h. diejenigen Maßnahmen, die im Falle eines Datenlecks zu ergreifen sind, sondern hat darüber hinaus auch rechtliche Schritte eingeleitet, um die sofortige Sperrung einer Internetseite zu erwirken, die eine Datei mit den fraglichen Daten veröffentlicht hatte (für genaueres siehe: https://www.dalloz-actualite.fr/flash/fuite-massive-de-donnees-personnelles-de-sante). Dieses außergewöhnliche Handeln der CNIL war durch den beispiellosen Eingriff in die Rechte und Freiheiten der betroffenen Personen gerechtfertigt und entsprach genau einem ihrer Kontrollschwerpunkte für 2021.